Island 2011

Tag 1

Tag 1

Anreise nach Reykjavík

Blick aus dem Flugzeug auf einen Windpark in der Nordsee

Helle Nächte und Mitternachtssonne

Der nördliche Polarkreis berührt den Nordrand von Island gerade noch so – weshalb die Nächte in Island im Sommer sehr kurz, im Winter sehr lang sind. Das liegt an der Stellung der Erdachse.

Die Drehachse der Erde steht nicht genau senkrecht auf der Ekliptik, sondern ist um etwa 23.5° gegen diese Senkrechte geneigt. Die Neigung bleibt während der Wanderung der Erde um die Sonne konstant und sie bewirkt sowohl die Jahreszeiten wie auch die unterschiedlichen Tageslängen bei verschiedenen geografischen Breiten. Das nördliche Ende der Erdachse ist dadurch nämlich mal zur Sonne hin, mal von ihr weg geneigt.
Verfolgt man (für die Nordhalbkugel) die Wanderung der Erde um die Sonne beginnend bei der Frühlings-Tagundnachtgleiche, stellt man fest, dass der Nordpol sich allmählich zur Sonne hin neigt. Hier geht nun nach einer sechs Monate dauernden Nacht erstmals die Sonne auf – und nicht wieder unter, da der Polbereich von nun an dauernd auf der erleuchteten Halbkugel liegt. Am Äquator hat sich nichts geändert – hier sind Tag und Nacht immer noch gleich lang (dies bleibt auch im gesamten Jahresverlauf so).
Mit zunehmender Neigung des Nordpols zur Sonne hin dehnt sich der Bereich, in dem die Sonne nicht mehr untergeht, immer weiter nach Süden aus. Gleichzeitig werden die Tage auf der Nordhalbkugel dort, wo die Sonne noch untergeht, länger. Zu Mittsommer ist die größte Ausdehnung des Gebietes ohne Sonnenuntergang erreicht – es reicht jetzt bis zum Polarkreis. An diesem gibt es im Jahresverlauf genau diesen einen Tag, an dem die Sonne nicht aufgeht; direkt am Pol ist es ein halbes Jahr lang hell.
Mit der weiteren Wanderung der Erde nimmt die Neigung des Nordpols zur Sonne wieder ab – die Tage werden kürzer, das Gebiet ohne Sonnenuntergang schrumpft wieder Richtung Pol. Zur Herbst-Tagundnachtgleiche schließlich sind Tag und Nacht wieder gleich lang. Danach neigt der Nordpol sich von der Sonne weg – nun geht hier die Sonne das erste Mal nach dem halbjährigen Polartag unter, die Polarnacht beginnt. Am Nordpol geht die Sonne nun für ein halbes Jahr nicht wieder auf.
Mit zunehmender Neigung des Nordpols von der Sonne weg dehnt sich das Gebiet ohne Sonnenaufgang südwärts, bis es zu Mittwinter den Polarkreis erreicht. Dieser Tag ist auf der gesamten Nordhalbkugel der kürzeste im Jahr. Dann nimmt die sonnenabgewandte Neigung des Nordpols wieder ab, die Tage werden länger und das Gebiet ohne Sonnenaufgang zieht sich mehr und mehr an den Pol zurück.

Diese einem Wikingerschiff nachempfundene Skulptur in Reykjavík heißt „Sonnenfahrt“. Zu Mittsommer zeigt der Vordersteven genau zum Sonnenuntergang im Norden. Geschaffen wurde sie 1986 von Jón Gunnar Árnarson.

Reykjavík

Etwa 120 000 der 320 000 Einwohner Islands – also mehr als ein Drittel – leben in der Hauptstadt Reykjavík. Der Name bedeutet auf Deutsch so viel wie „Rauchbucht“. Diesen Namen verdankt die Stadt den Dämpfen der heißen Quellen auf ihrem Gebiet – Ingólfur Arnarson, der erste Siedler, hielt sie irrtümlich für Rauch. Dass er sich ausgerechnet an dieser Stelle niederließ, hatte er den Göttern (manche behaupten auch: der Meeresströmung) zu verdanken. Er hatte die Stützen seines Hochsitzes mitgenommen, als er Norwegen verließ, und warf sie bei seiner Ankunft vor Island ins Meer. Wo sie angeschwemmt würden, würde er sich ansiedeln. Es hat zwei Jahre gedauert, aber schließlich hat er sie dort gefunden, wo sich heute Reykjavík ausbreitet.
Im Settlement Museum kann man die Grundmauern eines Langhauses aus dem 10. Jahrhundert sehen. Die Reste des Langhauses wurden 2001 bei Bauarbeiten gefunden und freigelegt. Das Haus befindet sich nach wie vor an seinem ursprünglichen Standort in einem unterirdischen Museum. In einer gut gemachten Animation kann man das Haus schrittweise aufbauen – ausgehend von den Grundmauern über das Holzgerüst und die Dachbalken bis hin zur Abdeckung mit Grassoden – und von allen Seiten betrachten.
Internetseite des Museums (dort muss man dann oben „Settlement Exhibition“ anklicken; man kann eine englische Version wählen): http://www.minjasafnreykjavikur.is

Eines der höchsten Gebäude Reykjavíks ist die Hallgrímskirkja; ihr Turm ist 74,5 m hoch. Benannt wurde sie nach dem Pfarrer und Psalmendichter Hallgrímur Pétursson. Der Architekt Guðjón Samúelsson wollte mit der äußeren Gestaltung die Form von Basaltsäulen nachempfinden.
Pullover aus Islandwolle sind bekannt und beliebt – bei jedermann.

Mittelozeanische Rücken, Mantel-Plumes und Vulkanismus

Erhitzt man in einem Kochtopf Wasser von unten, steigt das heiße Wasser nach oben, das kühlere von der Oberfläche sinkt ab und es bilden sich kreisförmige Bewegungen in der Flüssigkeit, die man Konvektionswalzen nennt. Da es im Inneren der Erde sehr viel heißer ist als an ihrer Oberfläche, bilden sich auch im Gestein im Erdinneren (dem Erdmantel) solche Konvektionswalzen aus. Das aufsteigende heiße Gestein (Magma) wölbt die Erdkruste auf und es bildet sich ein Rücken, ein so genannter mittelozeanischer Rücken. Die dabei auftretende Dehnung und das Aufschmelzen der Kruste durch das heiße Mantelmaterial schwächen die Kruste, sie reißt und es bildet sich ein Spalt, durch den das Magma an die Erdoberfläche gelangt. An den Spalträndern kann Material abrutschen und so einen Grabenbruch mit steilen Rändern entstehen lassen. Die an den Spalt angrenzenden Krustenteile werden auseinandergedrückt, während mehr und mehr Magma austritt. Das Magma lagert sich an den Spalträndern an, kühlt ab, verfestigt sich und bildet neue Kruste. Je älter und kälter die neue Kruste wird, desto mehr zieht sie sich zusammen, wird schwerer und senkt sich gegenüber dem mittelozeanischen Rücken ab. Je weiter vom Rücken entfernt die neue Kruste ist, desto tiefer liegt sie deshalb.
Die Rücken heißen mittelozeanische Rücken, weil sie alle auf dem Ozeanboden liegen. Das liegt daran, dass die neu gebildete Kruste ozeanische Kruste (Basalt) ist, die schwerer als kontinentale (Granit), liegt deshalb tiefer und bildet die Ozenabecken, einfach weil das Wasser zuerst die tiefliegenden Krustenteile füllt.
Da sich der Ozeanboden auf diese Weise vom Rücken ausgehend ausdehnt, muss an anderer Stelle Ozeanboden verschwinden – diese geschieht an den so genannten Subduktionszonen. Hier taucht ozeanische Kruste unter einen Kontinent ab (weil ozeanische Kruste schwerer ist als kontinentale Kruste) und wird dann im heißen Erdmantel aufgeschmolzen. Die kontinentale Kruste wird dabei zusammengeschoben und zu Gebirgen aufgefaltet. Auf diese Weise entstanden beispielsweise die Anden.
Die Erdkruste ist in mehrere so genannte tektonische Platten zerteilt, die durch die Konvektionswalzen im Erdmantel in Bewegung versetzt werden – sie werden von der Strömung mitgeschleppt. Mittelatlantische Rücken und Subduktionszonen sind Grenzen zwischen zwei Platten, an den Rücken bewegen sich die Platten voneinander weg, an den Subduktionszonen aufeinander zu. Es gibt auch Plattengrenzen, an denen die Platten aneinander vorbeigleiten. Diese Bewegungen an den Plattengrenzen laufen nicht reibungslos ab, immer mal wieder verhaken die Platten und reißen sich irgendwann los. Das merkt man dann als Erdbeben. Deshalb finden die weitaus meisten Beben an Plattengrenzen statt.

Island ist ein Stück mittelozeanischer Rücken (mittelatlantischer Rücken in diesem Fall), das über die Wasseroberfläche hinausragt. Hier bewegen sich die amerikanische und die europäische Platte voneinander weg, wobei der Atlantik wächst. Und mit ihm Island, und zwar um 2 cm pro Jahr.
Im Grunde leben die Isländer also auf Ozeanboden. Dass der Rücken hier so sehr weit aufgewölbt ist, liegt an einem Manteldiapir, der auch im Deutschen oft auf den englischen Namen Mantel-Plume hört. Ein Plume ist ein schmaler Strom besonders heißen Gesteins aus dem Erdmantel, der bis an die Oberfläche aufsteigt und sich unter der Kruste dann helmbuschartig verbreitert. Wegen des nachlassenden Druckes verflüssigt sich das heiße Gestein und schmilzt wegen seiner hohen Temperatur die Kruste auf. Dadurch verschafft es sich einen oder mehrere Ausgänge zur Oberfläche, und Vulkane entstehen. Die Gebiete, in denen Vulkanismus durch solche Plumes hervorgerufen wird (und nicht durch Prozesse an Plattengrenzen), nennt man auch „Hot Spot“, heißer Fleck. Solche Plumes verursachen Vulkanismus übrigens auch dann, wenn sie nicht gerade an Plattengrenzen sitzen, so zum Beispiel den Vulkanismus auf Hawaii.

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Copyright© 2011, Wiebke Salzmann

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